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Wiederaufleben des Streiks?

Arbeitsmarkt -
21 November 2008


Wiederaufleben des Streiks?
 
Seit einiger Zeit erleben wir in der Schweiz ein Phänomen, das wir seit langer Zeit nicht mehr kannten: wiederholter Streik. 1937 sind Gewerkschaften und Arbeitgeber über einen modus vivendi übereingekommen, um den Arbeitsfrieden nicht zu bedrohen. Während 70 Jahren wurde diese Vereinbarung respektiert, wie sieht es heute damit aus?

Kann man wirklich sagen, dass der Streik wieder auftaucht oder ist dies nur vorübergehend und vor allem der heutigen Krisensituation zuzuschreiben? Für Hans Ulrich Jost, ehemaliger Professor an der Universität Lausanne ist der Streik nicht unbedingt mit dem aktuellen Wirtschaftsklima verbunden. "Im Fall einer schweren Krise verringern sich die Arbeitsniederlegungen, denn es halten alle zusammen. Wenn es wieder besser geht denken die Gewerkschaftsmitglieder, sie könnten bessere Bedingungen verlangen und bringen den Stein ins Rollen. Zwei entscheidende Faktoren sind die Grundlage von 95% der Demonstrationen: das Gehalt und die Arbeitsbedingungen."; Andreas Rieger, Copräsident der Gewerkschaft UNIA, ist nicht gleicher Ansicht. Für ihn ist "Der wichtigste Grund, der die Arbeiter zu einem Arbeitsstopp bringt die Arroganz der Arbeitgeber, Mangel an Respekt, patronales Diktat." Das Ziel der kürzlich veranstalteten Demonstrationen (Bauwesen, Lehrerschaft...) geht jedoch nicht in diese Richtung sondern gibt eher der Theorie von Herrn Jost Recht; dieser emeritierte Professor der Universität Lausanne stellt ebenfalls fest, dass "es immer Streik gegeben hat, man kann daher nicht von "Wiederaufleben" sprechen. Die Stillstände sind nicht punktueller sondern struktureller Natur."

Kann man die tatsächlichen Verluste einer solchen Demonstration für einen Unternehmer einschätzen? Für Herrn Martz, Vizepräsident des Schweizerischen Arbeitgeberverbands, der dieses Jahr sein 100jähriges Jubiläum feiert, ist das nicht so einfach. "Sicher ist, dass das Unternehmen in Misskredit gelangen kann, dass Badwill entstehen kann, weil Zuverlässigkeit und Solidität in Frage gestellt werden. Die Lieferanten haben kein Vertrauen mehr, die Kunden zweifeln und der Teufelskreis beginnt." Hans-Ulrich Jost fügt hinzu, dass man oft vergisst, dass ein Streik nicht nur für die Arbeitgeber sondern auch für die Gewerkschaften eine teure Angelegenheit ist! Daher wird zuerst zwischen der Gewerkschaft und ihren Mitgliedern, dann zwischen Gewerkschaft und Arbeitgebern diskutiert; wenn sich daraus nichts ergibt, wird ein Stillstand umgesetzt."

Die Herren Rechsteiner und Martz sind sich in einem Punkt einig: es lohnt sich nicht, eine Arbeitsniederlegung in Betracht zu ziehen oder umzusetzen, wenn sich beide Parteien nicht vorerst an einen Tisch gesetzt haben.
 
RS
Traduction Cécile Jacq
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